Offline unterwegs
Heute war ich mal wieder offline in der Gastronomie unterwegs. Hin und wieder arbeite ich zum Ausgleich als Aushilfe im Service in verschiedenen Gastronomiebetrieben in und um München.
Nach dem Abendservice fanden der Geschäftsführer und ich noch etwas Zeit um ein wenig über sein Lokal zu plaudern.
Er erzählte mir, dass das Lokal hauptsächlich vom Sommergeschäft lebt und es im Winter eher ruhig sei. Ein paar wenige Weihnachtsfeiern und Weihnachten sowieso immer voll, aber im Großen und Ganzen sei in 4 von 12 Monaten eher weniger für Service und Küche zu tun. Ich fragte deshalb so genau nach, weil man an dieser Stelle natürlich viel mit Marketing machen kann um umsatzschwache Monate zu beleben und mehr Gäste ins Haus zu holen.
Ein Problem sah der Wirt darin, dass zwar Personal vorhanden sei, dies aber leider auch immer älter wird und nichts Junges nachkommt. Gerade im ländlichen Bereich ist das eine große Herausforderung wovor Gastronomen in den kommenden Jahren gestellt werden. In Großstädten hat man alternativ immerhin noch Studenten. Die haben zwar keine gastronomische Ausbildung, aber sie sind jung und können anpacken.
Sein Biergarten hat 600 Sitzplätze und das muss im Sommer erstmal abgedeckt werden. Die Wege sind weit und die Teller schwer. Nicht jeder ist dafür dauerhaft geeignet.
Er sagt das Personal kann er nicht mehr so genau einplanen, denn 60 -70% der Gäste kommen im Sommer ohne Reservierung. Also hat man im schlechtesten Fall zu wenig Personal. Die Konsequenz daraus ist Gäste müssen lange warten und werden schnell unzufrieden. Das Personal muss immer mehr arbeiten, weil zu wenig Leute da sind und haben ihre Kräfte schon nach dem ersten Sommermonat aufgebraucht. Schlechte Stimmung im Team und Krankmeldungen sind die Folge.
Veränderung in einem neuen Zeitalter
Man muss verstehen, dass sich das Verhalten der Menschen mit dem Internet verändert hat. In vielen Branchen hört man immer das gleiche. Der Kunde kommt und will sofort das Produkt oder die Dienstleistung seiner Wahl. Er ist es gewohnt von Suchmaschinen im Internet sofort eine Lösung für sein Problem oder eine Antwort auf seine Frage zu erhalten. Ohne sich dessen bewusst zu sein, setzt er diese Online Erfahrungen nun auch Offline um. Das heißt der Gast setzt voraus, dass er sofort bekommt was er möchte. Egal ob es ein Sitzplatz in Ihrem Lokal oder die online verfügbare Tageskarte ist. Er ist nicht mehr bereit zu warten. So erklärt sich einiges. Auch heute hörte ich wieder den Satz von einer Kollegin: „Die Leute werden immer seltsamer…“ Auch ich spüre es im Service. Das Verhalten der Gäste hat sich im Gegensatz zu noch vor 10 Jahren verändert. Gastronomen sollten auf diese Veränderung reagieren.
Digitalisierung im Gastgewerbe
Die Gastronomiebranche ist noch sehr analog verwurzelt, auch ich nahm die Bestellungen der Gäste heute mit Block und Stift auf. Wenn ich mir vorstelle ich hätte die hintere Station im Biergarten gehabt und hätte wegen jeder Bestellung 50 Meter bis zur nächsten Kasse laufen müssen… Der Kies am Boden hätte die Wege die man an einem Sommerabend zurücklegt nicht einfacher gemacht. Ich habe wirklich großen Respekt vor Leuten die diesen Job noch 5 Tage und 11 Stunden am Tag machen, aber ist das alles noch zeitgemäß?
Ohne dass es jedem Einzelnen bewusst ist leben wir schon seit fast 10 Jahren im Zeitalter des Internets und der Digitalisierung. Alles was irgendwie geht wird vom analogen ins digitale übertragen. Auch die Gastronomie ist davon betroffen und der Trend wird sich in den kommenden Jahren weiter fortsetzen. Man kann sich als Unternehmen nicht davor verschließen, wenn man am Markt die kommenden Jahre bestehen will.
Es gibt mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten, wie Gastronomen sich und Ihren Mitarbeitern den Alltag erleichtern können. Auch wenn im normalen Tagesgeschäft nur wenig Zeit bleibt, ein Blick über den Tellerrand lohnt sich.
Wahrscheinlich wird die Persönlichkeit und Individualität eines jeden Lokals immer das Wichtigste bleiben, aber muss man sich vor einem neuen Zeitalter verschließen? Wenn das immer so gewesen wäre, würde ich heute mit einer Pferdekutsche nach München fahren und es gäbe wahrscheinlich keinen Gin Tonic. Digitalisierung im Gastgewerbe wird sich weiter fortsetzen egal ob mit Ihnen oder ohne Sie.
Ich trinke mein Radler aus und verabschiede mich. Auf der Heimfahrt muss ich an das vorherige Gespräch denken. Wieviel einfacher hätte er es, wenn er nur ein paar neue Technologien in seinem Unternehmen zulassen würde. Vielleicht denkt er gar nicht darüber nach das vieles mittlerweile einfacher geht oder er hat Angst vor Veränderungen.Vielleicht erfahre ich es in einem anderen Gespräch…
Ich wünsche eine erfolgreiche Woche mit oder ohne Digitalisierung.
I. Wichmann